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Nicole Hocks steht auf einer Metalltreppe, und hilft der zehnjährigen Fotini auf das Pferd zu steigen. Heute arbeitet sie mit Anna. Die Stute ist eines von acht Schulpferden am Biegerhof in Huckingen vom Duisburger Reiterverein. Sie musste einspringen für Jesaja, eines der beiden Therapiepferde von Nicole Hocks. Das Tier hatte sich verletzt und musste auf dem Hof zurückbleiben.
Aber auch wenn Anna kein ausgebildetes Therapiepferd ist, zeigt sich sofort, welche Wirkung das Tier auf das Mädchen hat. Fotini kam als Frühchen auf die Welt, wie ihre Mutter Dimitra Kaltsidou (58) berichtet. Sie leidet an einer Entwicklungsverzögerung und Epilepsie. „Durch das therapeutische Reiten für Menschen mit Behinderung habe ich viele positive Veränderungen an meiner Tochter bemerkt“, sagt Dimitra Kaltsidou. Und während Fotini zuvor noch nervös und aufgedreht gewirkt hat, ist sie auf dem Rücken des Pferdes plötzlich ruhig und aufmerksam. Ihre Haltung strafft sich. Für Momente lässt sich vergessen, dass das junge Mädchen eine Behinderung hat. Sie lächelt und reitet los, geführt von Nicole Hocks.
Möglich ist das durch das Engagement der erfahrenen Trainerin beim Reiten als Sport für Menschen mit Behinderungen. Schon früh hatte Nicole Hocks Berührung mit dem Thema. Bereits als Neunjährige half sie beim therapeutischen Reiten mit. Damals hatte ihr Verein die Reittherapie neu ins Programm aufgenommen. Heutet leitet sie das therapeutische Reiten am Biegerhof. Mittlerweile fördert sie rund 80 Kinder und Erwachsene, die etwa an ADHS, Epilepsie, MS, Autismus oder körperlichen Mehrfachbehinderungen leiden.
Neben Jesaja hat die 53-Jährige noch das Therapiepferd Tabaluga. Auf ihr reitet heute ein anderes Mädchen. Die beiden Tiere finanziert Nicole Hocks aus eigener Tasche: Unterbringung, Verpflegung, Versicherung, Tierarzt – die Liste mit Kosten ist lang. Eigentlich müsste die 20-minütige Reiteinheit daher rund 140 Euro kosten. „Das müsste ich nehmen, aber tue es nicht“, sagt sie, „weil ich will, dass das Angebot sozialverträglich ist.“ Deswegen ist das Angebot auch auf Spenden angewiesen. Kranken- und Pflegekassen erkennen Reittherapie aktuell noch nicht an.
Aber wenn Therapiereiten nicht als „verordnungsfähiges Heilmittel“ anerkannt ist, wird es von Experten durchaus empfohlen. Für Nicole Hocks bestätigt sich der positive Effekt jeden Tag in der Arbeit mit den Menschen, die zu ihr kommen. Das Reiten schult etwa die Motorik. Ein Beispiel: Der Gang von Menschen und Pferden ist gar nicht so verschieden, wie man meinen möchte. Beim Reiten übertragen sich die Bewegungsmuster des Pferdes so auch auf den Reiter. „Es lässt sich auf diese Weise indirekt Laufen erlernen“, erklärt Nicole Hocks. Auf ähnliche Art fördert das Reiten auch die Fähigkeit, mit sozialen Kontakten umzugehen. „Über das Pferd als Medium lässt sich leichter ein Kontakt zu anderen Menschen aufbauen“, so die Trainerin. Wie gut das funktioniert, lässt sich bei Fotini beobachten.
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